04.06.1989 - Massaker auf dem Platz des himmlischen Friedens

Solidaritätsplakat der Berliner Samaritergemeinde. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/RHG_PL_S_261

„In der Nacht vom 3. zum 4. Juni begann eine extreme Minderheit konterrevolutionärer Elemente im Herzen Pekings, auf dem (...) Platz des Himmlischen Friedens, einen brutalen und gefährlichen Aufruhr zu entfachen, der die ganze Volksrepublik China in eine kritische Lage brachte.“ So kommentierte die DDR-Zeitung Junge Welt am kommenden Tag die Ereignisse, die die ganze Welt erschütterten.

Am 8. Juni erklärte die Volkskammer in einer offiziellen Verlautbarung ihre Zustimmung zu dem Vorgehen der chinesischen Genossen: „Die Abgeordneten der Volkskammer stellen fest, dass in der gegenwärtigen Lage die von der Partei- und Staatsführung der Volksrepublik China beharrlich angestrebte politische Lösung innerer Probleme infolge der gewaltsamen, blutigen Ausschreitungen verfassungsfeindlicher Elemente verhindert worden ist [...]. Dabei sind bedauerlicherweise zahlreiche Verletzte und auch Tote zu beklagen.“

Mit dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens, das wahrscheinlich Tausenden Menschen das Leben kostete, zerschlug das chinesische Militär eine breite Bewegung, die mit Streiks und Demonstrationen für eine Demokratisierung der Volksrepublik China eintrat. Die Solidaritätserklärungen der SED-Führung waren auch ein deutliches innenpolitisches Signal: eine Warnung an die eigene Oppositionsbewegung, dass auch in der DDR eine „chinesische Lösung“ möglich ist.

Zahlreiche Demonstranten, die während der Ereignisse im Herbst 1989 auf die Straße gingen, hatten daher die Ereignisse vom Platz des Himmlischen Friedens im Hinterkopf: Das brutale Vorgehen der chinesischen Staatsmacht gegen die Oppositionsbewegung blieb unvergessen. Als im September und Oktober 1989 in Dresden, Leipzig und Berlin schwer bewaffnete Polizisten mit Wasserwerfern und Räumfahrzeugen gegen die friedlichen Demonstranten vorgingen, befürchteten viele eine Eskalation wie auf dem Tian’anmen. Nicht umsonst war „Keine Gewalt!“ eine der häufigsten Parolen auf den Demos dieser Zeit.

Ein Plakat aus der Berliner Samariter Gemeinde bringt das Gefühl der Menschen in der DDR zum Ausdruck: Trauer und Zorn über die blutige Niederschlagung der friedlichen Proteste, „aber auch die Hoffnung auf einen demokratischen Sozialismus“.