Türchen 12 - Zwölf (nicht ganz ernst gemeinte) Möglichkeiten Weihnachten zu entgehen

Umweltblätter mal anders: Neben einem Entschwefelungskonzept für die Braunkohlekraftwerke der DDR hat sich in der letzten Ausgabe des Jahres 1988 der oppositionellen Umweltblätter ein ausgesprochener Weihnachtsmuffel verewigt. Er gibt zwölf (nicht ganz ernst gemeinte) Ratschläge, wie man Weihnachten am besten entgehen könne. Interessant ist, welche Möglichkeit er nicht in Betracht zieht: Urlaub im Süden.

1. Vorschlag: Mit Hilfe eines Hypnotiseurs Dezember durch Juli ersetzen.

Vorteil: Ein guter Hypnotiseur bringt das in fünf Minuten fertig. Hokuspokus, weg ist der Dezember! Weihnachten existiert nicht mehr. Ohne ein  ungutes Gefühl kann man dem 24. Juli entgegensehen. Kein Fest weit und breit.

Nachteil: Sie riskieren sich zu erkälten. In der Weihnachtszeit mit einem Badeanzug in der Kälte herumzulaufen, schadet der Gesundheit.

Bemerkung: Man kann das eben erwähnte Risiko vermeiden, indem man sich im Juli warm anzieht.

 

2. Vorschlag: Kalender-Säuberung unter besonderer Berücksichtigung der Tage vom 24.- 26. Dezember.

Vorteil: Nun ist der Kalender endlich rein! Das fatale Datum ist nicht mehr da. Jetzt den Kalender zu betrachten, wirkt wunderbar beruhigend.

Nachteil: Die Landkarte ist noch nicht das Land, und der Kalender noch nicht die Zeit. Der 24. Dezember der anderen verdirbt Ihnen Ihren „weißen Tag“.

Bemerkung: Ich habe im vorherigen Tag diese Methode ohne Erfolg angewendet.

 

3. Vorschlag: Dezember – der Monat in Klausur

Vorteil: Sie verlieren einige Kilo.

Nachteil: Sie riskieren auch den Kopf zu verlieren. Es ist schwierig, während eines ganzen Monats allein in einem kleinen weißen Zimmer bei Wasser und Brot zu leben. Der Gedanke daran, dass die anderen ihren Festschmaus halten, bewirkt, dass Ihnen das Wasser im Munde zusammenläuft. Denken Sie nur an die Christstollen, die Gänseleberpastete, den Truthahn – das ist beileibe keine Erholung. Und wenn Sie aufgeben, machen Sie sich auch lächerlich.

Bemerkung: Dieses System ist ganz besonders albern.

 

4. Vorschlag: Durch einen Schlag auf den Kopf sein Gedächtnis verlieren.

Vorteil: Man hat nicht ohne Grund festgestellt, dass bei einer Weihnachtsallergie zwei Faktoren auftreten: Erst einmal Weihnachten selbst, und dann die Allergie. Wer sein Gedächtnis verliert, der kann diesen beiden Dingen aus dem Weg gehen. Fällt man in Ohnmacht, verlieren die Erinnerungen an Gewicht, und der Kranke kann Weihnachten unter einem neuen Aspekt sehen.

Nachteil: Der Schlag auf den Kopf. Es ist außerordentlich schwierig, die Stärke dieses Schlages zu dosieren.

Bemerkung: Eine Variante: Lassen Sie sich im Beisein eines Zeugen von einem Freund den Schlag versetzen. Dann machen sie dem Freund einen Prozess, um viel Geld herauszuschlagen.

 

5. Vorschlag: Buddhist oder Muselmann werden.

Vorteil: Weihnachten hat keine Bedeutung mehr.

Nachteil: Weihnachten existiert trotz allem.

Bemerkung: Was haben Sie schon zu verlieren? Es ist einen Versuch wert!

 

6. Vorschlag: Den anderen Weihnachten verderben.

Vorteil: Die ernsthafte Vorbereitung verschiedener Sabotagen nimmt Sie schon nach Beendigung Ihrer Urlaubszeit voll in Anspruch: Kauf von explosivem Material & Lehrzeit bei einem Schweißer oder Sprengmeister. Weihnachten kommt, ohne dass sie es merken, und es kann passieren, dass Sie noch nicht einmal fertig sind. Beeilen Sie sich!

Nachteil: Die kleinen unschuldigen Gags, die Sie so erfreut haben, könnten eine gegenteilige Wirkung bei Ihren Opfern hervorrufen. Vergessen Sie niemals, daß das Opfer wütend wird, sogar gefährlich.

 

7. In einem Fahrstuhl gefangen sein.

Vorteil: Man ist von der Umwelt abgeschirmt. Sie haben außerdem die Freude, den Rettern Weihnachten zu verderben. Außerdem müssen die anderen Bewohner des Hauses nun die Treppe heraufsteigen.

Nachteil: Isolierung dauert selten mehr als sechs Stunden. Dann muss man den Aufzug wechseln.

Bemerkung: Angenehmes System, wenn man es mit einem Wesen des anderen Geschlechts praktiziert.

 

8. Vorschlag: Mönch werden.

Vorteil: Wenn Sie einen besonders zurückgezogenen Orden wählen, sind Sie gut geschützt. Kein Tannenbaum, kein Weihnachtsschmuck, kein Festschmaus, kein Fest.

Nachteil: Sie kommen nicht um die Messe herum.

Bemerkung: Man weiß, wann man eintritt, aber nicht, wann man austritt. Es wäre schade, sich die restlichen elf Monate für einen vergnüglichen Monat im Jahr zu verderben.

 

9. Vorschlag: Eine Reihe von Demonstrationen organisieren.

Vorteil: Die Polizei wird Ihnen helfen und spontan alles daran setzen, damit Sie Weihnachten vergessen.

Nachteil: Es kann Ihnen passieren, dass Sie von den Demonstranten zum Festessen eingeladen werden.

Bemerkung: Die Auswahl des Krieges ist ohne Bedeutung. Jeder Konflikt kann helfen.

 

10. Einen Autounfall haben.

Vorteil: Der Schreck, die Angst, die Schmerzen, die Ambulanz, das Krankenhaus, das Koma, all das ist hervorragend. Weihnachten ist auf Ihrem Kalender nicht mehr ein idiotischer Tag, sondern DER TAG Ihres Unfalls. Sie können dann jedes Jahr den Geburtstag des Unfalls feiern.

Nachteil: Sie laufen Gefahr, Sterne zu sehen, die Engel im Himmel zu hören und sich selbst so platt wie eine Weihnachtskarte wiederzufinden.

Bemerkung: Wenn es für Sie so wichtig ist, können Sie schon im August den Unfall haben. Sie müssen aber darauf achten, dass das Koma lange genug anhält.

 

11.  Selbstmord begehen.

Vorteil: Allem ist ein Ende gemacht.

Nachteil: Wenig originell. Jeder bringt sich zu Weihnachten um, das weiß man. Außerdem kann es Ihnen passieren, dass ein Weihnachtswunder geschieht. Das wäre nicht zu ertragen!

Bemerkung: Eigentlich überflüssig.

Wir hatten noch viele Ideen: Gefängnis, LSD, den Mond. Auf diese Vorschläge haben wir verzichtet: Zum Abschluss noch ein Vorschlag:

 

12. Vorschlag: Eine Liste mit Vorschlägen aufstellen, um Weihnachten zu entgehen.

Vorteil: Eine solche Liste kann Ihnen ein Vermögen einbringen, vorausgesetzt, Sie bringen sie an den richtigen Mann.

Nachteil: Dadurch, dass Sie immer wieder an Weihnachten denken, riskieren Sie schwachsinnig zu werden.

Bemerkung: Fröhliche Weihnachten! (nach Teper, leicht verändert)

Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/PS 107/7 1
Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/PS 107/7 1
Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/PS 107/7 1