"Frieden schaffen ohne Waffen" - 40 Jahre Berliner Appell

Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/RHG_Fo_HAB_14977_a

Heute vor 40 Jahren, am 25. Januar 1982, wurde der "Berliner Appell – Frieden schaffen ohne Waffen" veröffentlicht. Die beiden Verfasser, der Dissident Robert Havemann und der oppositionelle Pfarrer der Berliner Samaritergemeinde Rainer Eppelmann, forderten in acht Punkten Grundlagen einer dauerhaften Friedensordnung ein. Um diese umzusetzen, sei es notwendig, alle Atomwaffen aus Europa zu verbannen sowie beide deutsche Staaten zu entmilitarisieren und aus den sich gegenüberstehenden politischen Blöcken herauszulösen. Darüber hinaus sollten militaristische Propaganda verboten und der Wehrkundeunterricht abgeschafft werden. Forderungen, die sich direkt gegen die Politik des SED-Regimes wandten. Schließlich verstand sich die DDR als einziger deutscher Friedensstaat, der auf Grund der Bedrohung durch die Feinde im kapitalistischen Ausland gezwungen war, wehrhaft und kampfbereit zu sein. Dem Motto "Der Friede muss bewaffnet sein", stand der Berliner Appell eindeutig entgegen. Zum Abschluss des Dokuments forderten Eppelmann und Havemann die DDR-Bürger auf, "ihre Zustimmung zu diesem Appell durch ihre Unterschrift zu bekräftigen." Der Berliner Appell war die erste programmatische Erklärung, die von verschiedenen Gruppen und Strömungen der unabhängigen Friedensbewegung der DDR gemeinsam getragen wurde. Zahlreiche Menschen unterzeichneten den Aufruf.

Die SED-Führung versuchte vergebens, die Verbreitung des Berliner Appells zu verhindern. Unterzeichner und Unterzeichnerinnen wurden von der Staatssicherheit gedrängt, ihre Unterschriften zurückzuziehen. Die Staatssicherheit formulierte in einer Anordnung gezielte Maßnahmen, um eine Weiterverbreitung zu verhindern: "Die IM und Schlüsselpositionen in kirchenleitenden Organen sind einzusetzen, um Eppelmann von seinen Aktivitäten möglichst abzubringen und zu verhindern, dass die evangelische Kirche der DDR für eine großangelegte Unterschriftensammlung für den ‚Berliner Appell‘ missbraucht wird."

 

Rainer Eppelmann wurde am 9. Februar 1982 verhaftet, aber bereits wenige Tage später wieder freigelassen. Die Kirchenleitung Berlin-Brandenburg betonte in einer Stellungnahme vom 13. Februar, dass sie sich für die Freilassung Eppelmanns eingesetzt hatte. Gleichzeitig stellte der Bischof der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, Gottfried Forck, aber fest, dass der Appell die politische und militärische Realität ignoriere und ein Zerrbild der politischen Verantwortlichen beschreibe. Die ablehnende Haltung der Kirchenleitung zum Inhalt des Appells war wohl auf den Druck der staatlichen Organe zurückzuführen. Eppelmanns Mitverfasser Robert Havemann kritisierte in einem Brief an seine Westberliner Freunde Manfred und Karin Wilke die "Ablehnung der Unterschriftensammlung durch die Kirche", die in "offensichtlichem Widerspruch zu der […] ganz positiven Einschätzung des Appells", stehe.

Am 5. April 1982, wenige Wochen nach der Veröffentlichung des Berliner Appells, wandte sich Bischof Forck in einem Schreiben direkt an Eppelmann. Dieser wurde zurechtgewiesen und an seine Rolle innerhalb der Kirche in der DDR erinnert. Die Kirchenleitung erwarte, dass künftig alle "wichtigen Vorhaben" mit dem Gemeindekirchenrat abgesprochen werden sollten. Außerdem halte sie es nicht für "verantwortbar", wenn weitere Unterschriften für den Appell gesammelt würden, den bis dahin bereits etwa 2000 Menschen aus der DDR unterschrieben hatten. Robert Havemann war zu diesem Zeitpunkt bereits schwer krank. Kurz vor seinem Tod am 9. April 1982 besuchte ihn Rainer Eppelmann noch einmal in dessen Haus in Grünheide.

Berliner Appell "Frieden schaffen ohne Waffen", Seite 1. Quelle: RHG/RH/22
Berliner Appell "Frieden schaffen ohne Waffen", Seite 2. Quelle: RHG/RH/22
Stellungnahme der evangelischen Kirchenleitung Berlin-Brandenburg vom 13.2.1982. Quelle: RHG/KI/02_01
Brief von Bischof Gottfried Forck an Pfarrer Rainer Eppelmann vom 5. April 1982. RHG/KI/02_01