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"Und wenn einst unsere Geschichte geschrieben wird, werden wir sagen können, dass wir widerstanden haben."
"Wir fordern Freiheit" stand auf einem Eisenbahnwaggon, der am 21. Oktober 1956 vom ostthüringischen Hainspitz in das etwa 5 km entfernte Eisenberg gezogen wurde. Ein kurzer Weg, aber ein mutiger Schritt in der DDR der 1950er Jahre, den Ruf nach Freiheit und den Protest gegen die gerade niedergeschlagenen Aufstände in Polen und Ungarn in die Öffentlichkeit zu tragen. Die Losung hatten Mitglieder des Eisenberger Kreises angebracht. Empört über die Kampagne der DDR-Regierung gegen die Junge Gemeinde hatten sich Anfang der 1950er Jahre in Eisenberg Oberschüler zusammengetan, um in der Tradition des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus Aktionen gegen die SED-Herrschaft zu planen. Zu ihnen gehörte Thomas Ammer. Mit verschiedenen Aktionen drückten er und seine Freunde ihren Protest gegen die alltäglichen Repressionen aus.
1955 absolvierte Thomas Ammer sein Abitur und begann in Jena ein Medizinstudium. Auch hier setzten er und seine Freunde ihren Widerstand fort, u.a. mit einem Aufruf an die Professoren, sich gegen die Gleichschaltung der Hochschulen aufzulehnen. 1958 wurde er verhaftet und wegen "Staatsverrats" zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach sechs Jahren in den Zuchthäusern Waldheim und Brandenburg wurde er als einer der ersten politischen Häftlinge von der Bundesrepublik freigekauft und dorthin entlassen. Er studierte Politikwissenschaften, Jura und Geschichte und arbeitete anschließend als Wissenschaftler und Redakteur. In zahlreichen Büchern und Artikeln setzte er sich mit der DDR auseinander. Ab 1975 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter des Gesamtdeutschen Institutes in Bonn und wechselte 1991 in die Bundeszentrale für politische Bildung. Seine Erfahrungen und seine Expertise brachte er ein in die Arbeit der beiden Enquete-Kommissionen des Deutschen Bundestages, die sich zwischen 1992 und 1998 mit der Geschichte der SED-Diktatur und ihren Folgen für die deutsche Einheit beschäftigten.
"Wir haben nicht gesiegt, aber gekämpft. Wir haben unser Land nicht gerettet, aber verteidigt. Wir haben die Tyrannei nicht gebrochen, aber ihren Lauf aufgehalten. Und wenn einst unsere Geschichte geschrieben wird, werden wir sagen können, dass wir widerstanden haben." In dieser Gewissheit ist Thomas Ammer am 11. Oktober 2024 verstorben. Die Robert-Havemann-Gesellschaft ist in Gedanken bei seiner Familie und seinen Freunden.