1963 in Neubrandenburg als Aram Radomski geboren, wächst er in Groß Nemerow am Tollensesee in einem Schriftstellerhaushalt auf. Die Großmutter, Margarete Neumann, ist eine anerkannte, linientreue Schriftstellerin. Sein Vater, Gert Neumann, ist ebenfalls schriftstellerisch tätig. 1977 lebt Aram Neumann als 14-Jähriger ein Jahr bei seinem Vater in Leipzig, der als staatsfeindlicher Schriftsteller inzwischen unter massiver Beobachtung des Ministeriums für Staatssicherheit steht. Als sein Vater 1979 sein erstes Buch in der Bundesrepublik veröffentlichen möchte, wird der noch minderjährige Aram das erste Mal von der Stasi verhört und gefragt, ob er seinen Vater bespitzeln wolle, was er ablehnt. Im Februar 1983 wird Aram Neumann nach einer Veranstaltung in einem Jugendclub zusammengeschlagen. Obwohl unschuldig, wird er vom Kreisgericht Plauen zu elf Monaten Haft wegen „öffentlicher Herabwürdigung“ und „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ verurteilt. Nach erfolgreicher Berufung verkürzt sich die Haftzeit auf eine sechsmonatige Freiheitsstrafe. Seine Verurteilung ist Teil einer Stasi-Inszenierung gegen seinen Vater Gert Neumann. Der Staat will Druck ausüben, um ihn und die Familie zur Ausreise zu bewegen.
Ab 1984 lebt Aram Radomski in Berlin als freier Fotograf, fertigt Postkarten, Aufkleber und Plakate für Veranstaltungen an und druckt oft ohne Druckgenehmigung. Seine Fotos entstanden dabei nicht durch Auftrag. Sie entsprechen dem Wunsch von Aram Radomski, sein Lebensumfeld und die historischen Ereignisse fotografisch festzuhalten. Von 1987 bis 1990 dokumentierte er akribisch sein Lebensumfeld im Ostberliner Stadtbezirk Prenzlauer-Berg. Zusammen mit seinem Freund und Mentor, dem bekannten oppositionellen Fotografen Harald Hauswald, durchstreift er die Straßen und Hinterhöfe und hält das alltägliche Leben fest. Ein besonderes Interesse hat er an jugendlicher Subkultur. Er fotografiert Auftritte der Punk-Bands Herbst in Peking und Feeling B und porträtiert die Bands Freygang und Pankow.
1987 lernt er in der Umwelt-Bibliothek Siegbert Schefke kennen, mit dem er bis 1989 für das westdeutsche Fernsehen illegal fotografiert und Filme über die gravierenden Umweltzerstörungen und den Städteverfall in der DDR dreht. Die Beiträge werden im westdeutschen Fernsehen, zum Beispiel bei Kontraste, gesendet.
Die Jahre 1989 und 1990 gehören zu den produktivsten im Schaffen des Fotografen Aram Radomski. In dieser Zeit, in der sich die politischen Ereignisse überschlagen, ist er rastlos unterwegs. Er fotografiert den Massenaufmarsch und die Militärparade zum 1. Mai 1989 und ist beim Pfingsttreffen der FDJ in Ost-Berlin dabei. Im Juni unterstützt er die Aktivisten der Kirche von Unten bei den Protesten gegen das Massaker in Peking und fotografiert das Klagetrommeln in der Erlöserkirche.
Am 9. Oktober 1989 entstehen seine wohl berühmtesten Aufnahmen. Zusammen mit Siegbert Schefke fährt Aram Radomski trotz Stasiüberwachung heimlich nach Leipzig. Zusammen filmen und fotografieren sie die Leipziger Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 – dem „Tag der Entscheidung“ als 70.000 Menschen friedlich demonstrieren und die Sicherheitskräfte sie nicht mehr aufzuhalten wagen. Die sensationellen Bilder sind noch am selben Abend in den Tagesthemen zu sehen.
Im Herbst 1989 ist er auf der Demonstration am 4. November auf dem Alexanderplatz ebenso dabei, wie bei der Öffnung des Grenzübergangs am berühmten Checkpoint Charlie in der Nacht vom 9. auf den 10. November. In den folgenden Tagen und Wochen hält er die rasanten Veränderungen im Stadtbild Berlins fest.
Seit 1990 arbeitet Aram Radomski als freier Mitarbeiter bei verschiedenen Fernsehsendern und Zeitungen und dokumentiert u.a. die Situation vietnamesischer Gastarbeiter in der DDR, die Demonstration gegen stasibelastete Volkskammerabgeordnete, das Ende der Nationalen Volksarmee der DDR, die Besetzung des Aktenarchivs der Staatssicherheit durch Bürgerrechtler und die Räumung besetzter Häuser in der Mainzer Straße.
1995 absolvierte Radomski eine Ausbildung zum Multimediamanager. 2002 gründete er die Berlintapete GmbH, als deren Geschäftsführer er bis heute tätig ist.
Die Archivierung des Fotobestandes Aram Radomski wurde aus Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur finanziert.
Fotobestand: Aram Radomski
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