Sollen wir Putins Krieg weiter finanzieren?

Seit mehr als einer Woche liegt die Ukraine unter dem Bombenhagel der Armeen Putins. Der Despot im Kreml will den chauvinistischen Albtraum eines großrussischen Imperiums verwirklichen. Er leugnet die Existenz der ukrainischen Nation, ja selbst der ukrainischen Sprache, wie vor ihm die Despoten des Zarenreiches und Stalin, auf den er sich ohne jede Scham beruft.

In wenigen Tagen glaubte er, das ukrainische Volk unterwerfen zu können, das in einem ungleichen Kampf seine Freiheit verteidigt. Der Abwehrkampf der Ukrainer:innen verteidigt nicht allein ihr Land, sondern mit der eigenen Demokratie und Freiheit die der anderen Völker Europas.

Mit seinem Überfall auf sein Nachbarland zerstört Putin eine internationale Ordnung, die seit dem Zweiten Weltkrieg darauf abzielte, Konflikte mit friedlichen Mitteln zu lösen. Dieses in der Charta der Vereinten Nationen festgeschriebene Ziel war bislang immer wieder infrage gestellt, doch blieb es Grundlage der internationalen Beziehungen zumindest unter den Gründungsnationen der UNO.

Putin führt seinen Krieg gegen die Ukraine, wie er ihn zuvor gegen die Tschetschenen, die Georgier, die Moldawier, die Syrer und vor allem die eigene Bevölkerung führte und führt. In Russland sitzen Oppositionelle wieder in Haftlagern, abweichende Meinungen werden als ausländische Subversion diffamiert und unter Strafe gestellt. Memorial, deren Pionierrolle bei der Aufklärung der Verbrechen des kommunistischen Regimes uns als Robert-Havemann-Gesellschaft durchaus ein Vorbild und Beispiel war, eine NGO von internationalem Rang, wurde in Vorbereitung des Krieges verboten. Das Sacharov-Zentrum in Moskau musste seine Tätigkeit einstellen. 15 Jahre Haft drohen all jenen, die den Lügen der Kreml-Propaganda Informationen entgegensetzen, den Krieg als das benennen, was er ist. Die ukrainische Bevölkerung stellt er vor die Alternative, entweder durch Bomben und Raketen ermordet zu werden oder sich in russische Gefangenschaft zu begeben. Er nennt das ein humanitäres Angebot, doch was erwartet die Bewohner der alten Hauptstädte Charkiv, Kijiv oder Chernihiv? Was passiert, wenn sie ihre ukrainische Sprache sprechen, deren Existenz Putin leugnet? Was passiert, wenn sie sich irgendwann weigern, die russische Staatsbürgerschaft anzunehmen? Um dem Tode zu entkommen, sollen sie das Joch der Sklaverei erdulden. Der Kampf der Ukrainer:innen ist ein Kampf um ihre nackte Existenz.

Die deutsche Regierung hat sich nach anfänglichem Zögern entschlossen, die Ukraine mit weitreichenden Wirtschaftssanktionen und mit Waffen gegen die putinsche Aggression zu unterstützen, doch es bleibt eine essentielle Lücke. Die wirtschaftliche Isolation Russlands als dem stärksten nicht-militärischen Mittel, den Krieg zu beenden, ist unvollkommen, solange wir nicht auch den Handel mit fossilen Energieträgern – Gas, Erdöl, Kohle – aus Russland beenden und die bisher von den Sanktionen ausgenommenen Großbanken in die Sanktionen einbeziehen. Mit unserem Geld bezahlen wir Putins Krieg und wir machen uns abhängig von seinen unberechenbaren Aktionen. Er verknappt die Liefermengen, droht die Gaslieferungen einzustellen. Putin behauptet, mit den Handelssanktionen seien Nato/EU bereits Kriegspartei geworden und droht mit Atomschlägen. Zu glauben, durch rationales Agieren von unserer Seite würde sich Putin an irgendeine Vereinbarung halten, ist durch seine irrsinnigen Aktionen längst widerlegt. Sich einer seiner Forderungen zu unterwerfen, bedeutet nicht mehr Sicherheit, sondern nur die weitere Eskalation seiner Forderungen zu ermöglichen. Hinter seiner Absicht, die Ukraine zu vernichten, so ist anzunehmen, steht sein Hunger nach Moldawien, den baltischen Staaten, Polen, ganz Osteuropa.

Wir sind der Auffassung, dass die wirtschaftliche und diplomatische Isolierung des Putin-Regimes keine Fehlstellen aufweisen darf. Auch der Import fossiler Brennstoffe aus Russland und deren Gegenfinanzierung muss beendet werden. Putin und den hinter ihm stehenden Magnaten muss eindeutig klar werden, dass wer sich nicht an internationales Recht hält, Verträge bricht, andere Länder mit Krieg überzieht oder militärisch unter Druck setzt, allein dasteht und keine Geschäfte machen kann. Uns ist bewusst, dass die Beendigung des Russlandhandels auch Konsequenzen und Härten für uns alle mit sich bringt. Wir werden große Anstrengungen erbringen müssen, die Umstellung der Energieversorgung auf nachhaltige Quellen enorm zu beschleunigen. Dabei sollten die Einschränkungen aber nicht vor allem zulasten derjenigen erfolgen, die ohnehin sozial benachteiligt sind. Viele von uns sind dennoch eher bereit, zu frieren, als unsere Freunde in der Ukraine im Bombenhagel Putins im Stich zu lassen.

 

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