Ausstellungseröffnung in der Umwelt-Bibliothek 1988. ©Robert-Havemann-Gesellschaft/Siegbert Schefke/RHG_Fo_HAB_10120
Mahnwache in der Zionskirche für die Freilassung der inhaftierten Mitglieder der Umwelt-Bibliothek. Das MfS filmt den Hof des Gemeindehauses in der Griebenowstraße 16. ©Robert-Havemann-Gesellschaft/Siegbert Schefke/RHG_Fo_HAB_18980
Verfall des Holländischen Viertels in Potsdam. ©Robert-Havemann-Gesellschaft/Siegbert Schefke/RHG_Fo_HAB_24444
Am Rande der Verhandlungen des Runden Tisches Rechtsanwalt Wolfgang Schnur (DA) und Vera Wollenberger (Grüne Partei). ©Robert-Havemann-Gesellschaft/Siegbert Schefke/RHG_Fo_HAB_03392
Ein Graffiti erinnert an den Tod von Matthias Domaschk. Das Bild entstand nach der Erstürmung der Berlin Stasi-Zentrale am 15. Januar 1990. ©Robert-Havemann-Gesellschaft/Siegbert Schefke/RHG_Fo_HAB_11905
Gründung des grün-ökologischen Netzwerkes Arche in Ost-Berlin. ©Robert-Havemann-Gesellschaft/Siegbert Schefke/RHG_Fo_HAB_16107
Erster Kirchentag von Unten 1987 in Berlin. ©Robert-Havemann-Gesellschaft/Siegbert Schefke/RHG_Fo_HAB_16464
1. Mai-Demonstration 1989 in Ostberlin auf dem Alexanderplatz. ©Robert-Havemann-Gesellschaft/Siegbert Schefke/RHG_Fo_HAB_17993
Bischof Gottfried Forck hält eine Andacht am 9. Oktober 1989 während der Mahnwache in der Gethsemanekirche für die Freilassung der politisch Inhaftierten. ©Robert-Havemann-Gesellschaft/Siegbert Schefke/RHG_Fo_HAB_18632
"Klagetrommeln" in der Erlöserkirche gegen das Massaker in Peking und die Chinapolitik der SED-Führung. ©Robert-Havemann-Gesellschaft/Siegbert Schefke/RHG_Fo_HAB_18899

Fotobestand Siegbert Schefke

Siegbert Schefke wurde am 21. Februar 1959 in Eberswalde geboren. Als Sohn eines Maurers machte er von 1975 bis 1978 eine Lehre zum Baufacharbeiter mit Abitur. Nach der Ableistung seines Grundwehrdienstes bei der NVA von 1978 bis 1980 begann er ein Studium an der Ingenieur-Hochschule für Bauwesen in Cottbus.

Ab 1985 arbeitete er beim Wohnungsbaukombinat in Ost-Berlin als Bauleiter für Neubausanierung.

In dieser Zeit führte Siegbert Schefke ein Doppelleben. Während er tagsüber beim „planmäßigen Aufbau des Sozialismus“ half, engagierte er sich nach Dienstschluss in der Friedens- und Umweltbewegung. Schon früh hatte er Kontakte zu gleichgesinnten in Ost-Berlin geknüpft. So gehörte er im September 1986 neben Wolfgang Rüddenklau und Carlo Jordan zu den Mitbegründern der Umwelt-Bibliothek (UB) in der Ostberliner Zionskirche.

Schon länger wurde in der DDR-Umweltbewegung darüber nachgedacht, einen gemeinschaftlich nutzbaren „Bücherschrank“ einzurichten. Die wenigen kostbaren Exemplare an verbotenen und unerwünschten Publikationen, die sich in Privatbesitz befanden, sollten möglichst vielen Interessierten zugänglich gemacht werden. Ab September 1986 versuchte die UB, diese Idee umzusetzen und so das staatliche Informationsmonopol zu unterlaufen. In den folgenden Jahren wurde die Umwelt-Bibliothek zur Schaltzentrale der DDR-Opposition.

In dieser Zeit hielt Siegbert Schefke die verschiedenen Aktivitäten der UB fotografisch fest. In der Galerie der Umwelt-Bibliothek wurden regelmäßig Ausstellungen und Lesungen organisiert, bei denen kritische Künstler ihre Werke vorstellen konnten. Dazu gehörten u.a. eine Lesung von Lutz Rathenow und die Ausstellung des Aktionskünstlers Igor Tatschke und der AG Mauersteine.

Nach der „Aktion Falle“, dem Überfall der Staatssicherheit auf die Umwelt-Bibliothek in der Nacht vom 24. auf den 25. November 1987, dokumentierte Siegbert Schefke die anschließende Mahnwache für die Freilassung der inhaftierten UB-Mitarbeiter und andere Solidaritäts-Aktionen.

Sein Fokus blieb aber nicht auf Ost-Berlin beschränkt. Vom 2. bis 5. September 1987 nahm Siegbert Schefke am Pilgerweg im Rahmen des Olof-Palme-Friedensmarsches zwischen den ehemaligen Konzentrationslagern Ravensbrück und Sachsenhausen teil. Das Besondere an diesem Pilgerweg war, dass es zahlreiche politische Transparente gab, die sich gegen die Militarisierung der DDR-Gesellschaft und die Verschmutzung der Umwelt richteten. Damit fand erstmals eine legale Friedensdemonstration der DDR-Opposition statt – wenn auch unter den Argusaugen der Stasi.

Ausführlich hat Siegbert Schefke die Auseinandersetzungen um die Kirche von Unten (KvU) und den 1. Kirchentag von Unten vom 24. bis 27. Juni 1987 fotografiert. Die hier entstandenen Fotos zeigen die verschiedenen Veranstaltungen und Diskussionsrunden der KvU in der Gemeinde der Pfingstkirche sowie die Abschlussveranstaltung des offiziellen Kirchentages im Stadion an der Wuhlheide am 26. Juni 1987, an der etwa 300 Teilnehmer des Kirchentages von Unten mit eigenen Transparenten teilnahmen.

Seit 1985 hatte Siegbert Schefke Reiseverbot und durfte die DDR nicht verlassen.

Nachdem er 1987 seinen Job wegen seiner Aktivitäten in der Umwelt-Bibliothek kündigen musste arbeitete er fortan freiberuflich für verschiedene westdeutsche Fernsehmagazine wie das ARD-Magazin „Kontraste“ und bundesdeutsche Zeitungen. Das illegal Film- und Fotomaterial wurde durch westdeutsche Journalisten und Diplomaten in die Bundesrepublik geschmuggelt. Über diesen Umweg gelangten die Bilder von den zerfallenden Altstädten Leipzigs oder Halberstadts in die ostdeutschen Wohnzimmer.

Die Jahre 1989 und 1990 gehörten zu den produktivsten im Schaffen des Fotografen Siegbert Schefke. In dieser Zeit, in der sich die politischen Ereignisse täglich änderten, war er rastlos unterwegs. Er fotografierte den Massenaufmarsch und die Militärparade zum 1. Mai 1989 und ist beim Pfingsttreffen der FDJ in Ost-Berlin dabei.

Im Juni unterstützte er die Aktivisten der Kirche von Unten bei den Protesten gegen das Massaker in Peking und fotografierte das Klagetrommeln in der Ostberliner  Erlöserkirche.

Am 9. Oktober 1989 entstanden seine wohl berühmtesten Filmaufnahmen. Zusammen mit Aram Radomski fuhr er trotz Stasi-Überwachung heimlich nach Leipzig. Zusammen filmten sie die Leipziger Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 – dem „Tag der Entscheidung“ als 70.000 Menschen friedlich demonstrierten und die Sicherheitskräfte sie nicht mehr aufzuhalten wagten. Die sensationellen Bilder waren noch am selben Abend in den Tagesthemen zu sehen.

Im Herbst 1989 ist er auf den verschiedenen Demonstrationen mit seiner Kamera dabei. Er fotografierte die Demonstration gegen die Wahl von Egon Krenz zum neuen Staatsratsvorsitzenden am 24. Oktober 1989 ebenso wie die große Demonstration am 4. November auf dem Alexanderplatz. Am 15. Januar 1990 ist er mittendrin, als Demonstranten die Zentrale der Staatssicherheit in der Ostberliner Normannenstraße stürmen und das Gelände in Besitz nehmen.

Neben diesen Aktionen war es ihm auch immer wichtig, sein unmittelbares Lebensumfeld fotografisch festzuhalten. Von 1985 bis 1990 fotografiert er den Alltag in der DDR, besonders in seinem Kietz, dem Ostberliner Stadtteil Prenzlauer Berg.

2005 erhielt er für seine Verdienste um die Friedliche Revolution das Bundesverdienstkreuz am Bande. Zusammen mit Aram Radomski und dem Leipziger Pfarrer Christoph Wonneberger erhielt er 2009 den Bambi in der Kategorie „Stille Helden“. 2014 erhielt er den „Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien“ der Medienstiftung/Sparkasse Leipzig.

Fotobestand: Siegbert Schefke

  • Zeitraum: 1985-1991

  • Umfang: 14.000 Negative

  • 2018 werden im Rahmen eines Projektes finanziert durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur ca. 3.000 der Fotos digitalisiert und archiviert.

Hinweis:

Zurzeit sind noch keine Fotos aus dem Bestand Siegbert Schefke in der Online-Datenbank recherchierbar.  Bei Fragen zu Fotos aus dem Bestand wenden Sie sich bitte an den zuständigen Mitarbeiter.




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Archiv der DDR-Opposition
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Christoph Ochs
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