Zahlreiche Vorgespräche, die bis in das Frühjahr 1989 reichten, führten am Wochenende des 9./10. Septembers im Haus von Katja Havemann in Grünheide bei Berlin zu einem Treffen, an dem nach den Erinnerungen des NF-Mitbegründers Sebastian Pflugbeil „gleichermaßen vertrauenswürdige, in unterschiedlichen Bereichen kompetente und sozial wie auch geographisch halbwegs repräsentative” Persönlichkeiten aus dem Umfeld der Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsbewegung teilnahmen. In dem dort verfassten Gründungsdokument „Aufbruch 89“ unterstrich das Neue Forum, dass es sich als politische Vereinigung verstand, „die es Menschen aus allen Berufen, Lebenskreisen, Parteien und Gruppen möglich” machen wollte, „sich an der Diskussion und Bearbeitung lebenswichtiger Gesellschaftsprobleme in diesem Land zu beteiligen.” Seine am 19. September 1989 beantragte Zulassung als Vereinigung wurde vom Innenministerium der DDR zwei Tage später abgelehnt, da es das Neue Forum als „staatsfeindliche Plattform” ansah. Aufgrund der zahlreichen im Herbst republikweit stattfindenden Demonstrationen, deren Teilnehmer wiederholt auch die Zulassung des Neuen Forums forderten, wurde diese Gruppierung, die innerhalb der Oppositionsbewegung die größte Breitenwirkung erzielte, am 8. November als politische Vereinigung zugelassen. Bis Ende des Jahres 1989 unterzeichneten knapp 200.000 DDR-Bürger den Gründungsaufruf des Neuen Forums, das zu diesem Zeitpunkt bereits 10.000 Mitglieder zählte.
Die Auseinandersetzungen innerhalb der Gruppierung über den organisatorischen Aufbau und die basisdemokratische Ausrichtung führten Ende Januar 1990 zu einem Austritt von knapp einem Viertel der NF-Mitglieder, die sich zur „Deutschen Forum Partei” (DFP) zusammenschlossen. Im Vorfeld der Volkskammerwahlen Mitte März 1990 schloss sich das Neue Forum, das seine basisdemokratische Struktur beibehielt, Anfang Februar mit den Oppositionsgruppierungen ‚Demokratie Jetzt’, ‚Initiative für Frieden und Menschenrechte’ sowie dem ‚Unabhängigen Frauenverband’ zum ‚Bündnis 90’ zusammen. Diese Listenverbindung trat auch bei den folgenden Wahlen an und führte sowohl zu parlamentarischen Vertretern auf kommunaler und Landesebene wie im Deutschen Bundestag. Aufgrund des Parteiengesetzes konstituierte sich am 21. September 1991 die bisherige politische Bewegung „Bündnis 90” als Partei. Am 14. Mai 1993 erfolgte dann der Zusammenschluss mit der seit Ende 1990 vereinigten Partei ‚Die Grünen’ zur Partei ‚Bündnis 90/Die Grünen’. Auf regionaler Ebene ist das Neue Forum in den ostdeutschen Bundesländern nach wie vor aktiv.
Der knapp 35 lfm umfassende Bestand dieser wichtigsten politischen Neugründung des Herbstes 1989 beinhaltet Unterlagen zur Tätigkeit des Neuen Forums aus den Jahren 1989 bis 2000.
Laufzeit: 1989-1997
Umfang: 35 lfm bzw. 539 Bde., 54 Od., 7 Ab., 1 Ks.
Findmittel: Findbuch
Signatur: NFo
Benutzungsbeschränkungen: keine
Zu den online recherchierbaren Verzeichnungseinheiten des Bestands
Inhalt:
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