Volksstimme

Mitgründerin des Neuen Forums Erika Drees gestorben

Von Reinhard Opitz - Volkstimme 13.01.2009 Stendal.

Die bekannte Stendaler Bürgerrechtlerin und Mitbegründerin des Neuen Forums, Erika Drees, ist am Sonntag im Alter von 73 Jahren im Stendaler Hospiz verstorben. Sie erlag einem Krebsleiden, gegen das sie vier Jahre lang mit aller Kraft angekämpft hatte. Erika Drees hinterlässt eine Tochter und zwei Söhne sowie sechs Enkel. Wie die Familie mitteilte, wird die Beerdigung am Dienstag, dem 20. Januar, um 10 Uhr in der Stendaler Petrikirche stattfinden. Erika Drees gehörte am 9. September 1989 neben Bärbel Bohley, Katja Havemann, Sebastian Pflugbeil, Hans-Jochen Tschiche und anderen zu den 30 Erstunterzeichnern des Gründungsaufrufs des Neuen Forums, der die politische Wende in der DDR einleitete. Auch im vereinten Deutschland ließ sie in ihrem Kampf gegen atomare Rüstung und für Menschenrechte nicht nach. 2003 musste Erika Drees nach einer Aktion auf dem Fliegerhorst Büchel bei Koblenz, auf dem US-Atomwaffen lagern, eine sechswöchige Haftstrafe antreten. Die aus Schlesien stammende Gutsbesitzertochter wurde bei Kriegsende als Zehnjährige stark geprägt durch die entbehrungsreiche Flucht mit der Mutter und vier Geschwistern, von denen eines auf dem Treck starb, nach Schleswig-Holstein. Schon in jungen Jahren begann sie, sich in der kirchlichen Friedensarbeit, für Gerechtigkeit innerhalb der Gesellschaft und in der Welt sowie für die Umwelt zu engagieren. Ziviler Ungehorsam und gewaltfreier Protest brachten ihr im geteilten und später im geeinten Deutschland immer wieder Repressalien, Polizeiarreste und auch Knast ein. Schon 1958, als sie an der Freien Universität in Westberlin Medizin studierte, geriet sie wegen Kontakten zu Ost-Studenten ins Visier der DDR-Staatssicherheit, die ihr Spionage vorwarf. Sie wurde regelrecht gekidnappt und saß neun Monate lang in Stasi-Untersuchungshaft. Trotzdem siedelte sie 1960, nachdem sie ihren späteren Mann Ludwig Drees in Dresden kennengelernt hatte, in die DDR über. Doch der real existierende Sozialismus brachte sie und ihren Mann bald in die Reihen des politischen Widerstandes. 1975 mit ihrer Familie nach Stendal gezogen, bekämpfte die Nervenärztin im Kreis der Gruppe " Energiewende " mit Flugblattaktionen vor allem das im Aufbau befindliche Kernkraftwerk.