Praktikumsbericht Patrick Jahn 

Einleitung

Im Rahmen meiner Ausbildung zur Fachkraft für Medien- und Informationsdienste, Fachrichtung Archiv, absolvierte ich mein Praktikum in der Robert-Havemann-Gesellschaft e. V., genauer in dem Archiv der DDR-Opposition. Das Praktikum fand im Zeitraum vom 26. März 2018 bis zum 19. Oktober 2018 statt.

Das Praktikum sollte mir die Möglichkeit geben, archivarische Tätigkeiten kennenzu­lernen und in der Praxis umzusetzen, sowie die Kenntnisse und Fertigkeiten, die ich in der Ausbildung erwarb, zu vertiefen. Darüber hinaus wollte ich Erfahrungen sam­meln in Zusammenhang mit dem Arbeitsalltag von Archivaren.

Auf der Suche nach einem geeigneten Praktikumsplatz erregte die Robert-Havemann-Gesellschaft meine Aufmerksamkeit, da ich bei meinen Recherchen auf ihrer Internetseite auch Praktikumsberichte von vorherigen Teilnehmern des Oberlin Berufbildungswerkes fand. Auf der Seite der Robert-Havemann-Gesellschaft las ich weitgehend gute Referenzen.

Zudem fand ich das Thema der DDR-Opposition interessant. Ich habe einen persön­lichen Bezug zur Deutschen Demokratischen Republik, war ich doch noch auf dem Gebiet der DDR geboren, als sie schon dem Ende zuging. Aus den Erzählungen meiner Eltern und Großeltern, sowie den Berichten aus Film und Fernsehen war mir die DDR wohl vertraut. In der Ausbildung wurde uns Teilnehmern auch viel über die DDR beigebracht. Da ich sehr wissensdurstig bin wollte ich mehr über die DDR-Opposition erfahren, nicht zuletzt weil mein Namensvetter Roland Jahn auch darin verwickelt war.

Beschreibung der praktikumsbezogenen Tätigkeiten

Nachdem der Arbeitsplatz eingerichtet war, wurde ich mit dem Foto-Bestand „die andere“ betraut. „Die andere“ war eine Zeitung der Bürgerrechtsbewegung, die von 1990 bis 1992 herausgegeben wurde. Das Robert-Havemann-Archiv hatte sowohl Exemplare der Zeitung, als auch das Bildarchiv der Redaktion übernommen. Der Fotobestand umfasst ungefähr 10.000 Positive. Die meisten waren Schwarz-weiß und von DIN A3 bis Passbild waren alle Formate vorhanden.

Meine Aufgabe bestand darin, die Positive mit Hilfe eines DIN A3-Flachbildscannerszu digitalisieren. Anschließend bekamen die Digitalisate eine Signatur. Der Bestand war schon teilweise verzeichnet, weshalb ich mit der Nummer 6600 anfing. Die Digitalisate wurden mit einen Rand zugeschnitten.

Fotograf, Bildinformationen sowie Datum und Ort des Bildes konnte ich von der Rückseite der Positive entnehmen und in eine Excel-Tabelle eintragen. Doppelte Exemplare eines Bildes und Schäden wie Verschmutzung oder Vergilbung wurden ebenfalls vermerkt. Einige Bilder enthielten keine Informationen auf der Rückseite. Diese musste ich nachträglich recherchieren.

Sobald ich die Informationen übernommen hatte, signierte ich mit Bleistift die Rück­seite des bearbeiteten Positivs und steckte es in eine passende Schutzhülle. Die Schutzhülle bekam ebenfalls die Signatur. Fünfzehn Positive passten in eine Foto­mappe. Zum Schutz der Positive trug ich weiße Baumwollhandschuhe.

Zwischendurch bearbeitete ich auch Aufträge von Benutzern, in dem ich die ge­wünschten Dokumente bzw. Bilder digitalisierte. Ein Auftrag bestand darin, 30 Positive der Künstlerin V. K. mit Vorder- und Rückseite zu digitalisieren.

Ein anderes Mal digitalisierte ich Dokumente aus dem Bestand „GrauZone“. Der Bestand „GrauZone“ enthielt Dokumente der ostdeutschen Frauen- und Lesben­bewegung. Es war gefordert, dass die ersten Seiten der Dokumente zusammen mit einer Farbkarte und alle Seiten mit einem schwarzen Rand digitalisiert werden. Der schwarze Rand wurde mit einer schwarzen Pappe erzeugt. Um die Schrift besser lesbar zu machen, veränderte ich den Kontrast bei einigen Seiten.

Die Arbeit am Scanner erforderte viel Zeit und Geduld, sowie selbstständiges Arbei­ten. Bei Unklarheiten fand ich aber immer einen Ansprechpartner zum fragen.

Nach der Digitalisierung erfolgte die Verzeichnung der Fotos in der AUGIAS-Datenbank (AUGIAS 9.0) des Archivs. Für die Fotoablage im Augias wurden die Digitalisate als JPEG umformatiert. Dann begann ich für die Bilder, die ich digitalisiert habe, neue Datenblätter anzulegen.

Die Informationen über Fotograf, Bildinformationen, Bildtitel, Zeit und Ort sowie Notizen übernahm ich aus der Excel-Tabelle. Fehlende Informationen recherchierte ich im Internet oder in den Exemplaren der Zeitung „die andere“, die im Lesesaal lagerte. Darüber hinaus formulierte ich Deskriptoren bzw. Schlagwörter, notierte bekannte Personen, die im Bild waren, und Texte auf Schildern und Plakaten im Bild. Anschließend übernahm ich die Bilder aus der Fotoablage in die Datenbank.

Zur Abwechslung half ich bei der Übernahme von Negativen des Fotografen B. Weu mit. Ich zählte die Negative, während ich sie aus einem Stehordner in einen lagerungsbeständigen Archivkarton umbettete.

Der zweite große Bestand, der mir anvertraut wurde, war vom Fotografen Nikolaus Becker. Der Bestand von etwa 6615 Bildern ist ausschließlich digital. Die Datenblät­ter im Augias waren vorhanden, zusammen mit den Bildern. Jedoch fehlten teilweise wichtige Informationen zu den Bildern. Meine Aufgabe bestand darin, den Bestand neu zu verzeichnen. Dazu musste ich im Internet und in den Publikationen des Fotografen recherchieren sowie mit dem Fotografen Kontakt aufnehmen.

Eingeführt wurde ich in den Bestand Becker, als die Bilder von der Demonstration am 7. Oktober 1989 in Ost-Berlin für die Veröffentlichung vorbereitet werden sollten. Dazu musste ich zu den restlichen Bildinformationen auch die Maße in Pixel und die Dateigröße notieren. Die Maße und die Dateigröße entnahm ich den Originaldateien, die unabhängig von der Fotoablage gespeichert werden. Anschließend wurden die Bilder zugeschnitten, in Hoch- und Querformat unterteilt und mit einem Wasser­zeichen versehen.

Bei der Neuverzeichnung des Bestandes übernahm ich die Signaturen aus der Foto­ablage. Ich achtete darauf, dass sie mit den Originalbildern und den Datenblättern übereinstimmten. Bildinformationen, Ort, Zeit und Personen musste ich recherchie­ren. Die Bildtitel und die Deskriptoren leitete ich eigenständig aus dem Kontext her.

Zum Schluss meiner Arbeit erstellte ich eine Liste mit Microsoft Word, die sämtliche Bildtitel des Bestands Becker umfasste.

Am letzten Tag nahm ich mir vor, die Bilder der Großdemonstration am 4. November 1989 in Ost-Berlin aus dem Bestand Becker zu veröffentlichen. Ich bereitete die ent­sprechenden Bilder vor mit den oben genannten Arbeitsschritten. Dann sah ich zu, wie die Bilder zusammen mit den Informationen aus Augias in die Onlinedatenbank gestellt wurden.

Resümee

Während des Praktikums konnte ich viel über die DDR und die Arbeit im Archiv lernen.

Durch die Recherchen zu dem Bestand „die andere“ erfuhr ich viel aus der Zeit von 1990 bis 1993. Die Bilder enthielten Informationen zu verschiedenen Ländern, vor allem den Ostblock-Staaten und den wichtigsten Ereignissen. Der Bestand von Nikolaus Becker konzentrierte sich auf die DDR der 1980er und die Wendezeit, sowie auf die Punkszene in Ost-Berlin vor und nach der Friedlichen Revolution.

Dadurch bekam ich ein umfassendes Bild der Gesellschaft in der DDR und dem Widerstand gegen das SED-Regime. Ich konnte auch viel über Berlin und seine Geschichte erfahren.

Zu der Arbeit im Archiv lernte ich wie aufwendig es ist, einen ganzen Bestand zu digi­talisieren und anschließend zu verzeichnen. Aber sie hat mir Spaß gemacht und ich konnte meine Ordnungsliebe gezielt anwenden. Ich hatte das Gefühl gebraucht zu werden und das meine Arbeit etwas bewirkt.

Auch lernte ich etwas über den Arbeitsschutz, den Umgang mit den Archivalien und die Arbeitstechniken für Digitalisierung und Verzeichnung von Fotos.

Die Atmosphäre war kollegial. Ich konnte Fragen zu der Tätigkeit und zu den Beständen stellen und bekam wertvolle Antworten. Die Mitarbeiter und die anderen Praktikanten waren freundlich und hilfsbereit. 

Ein besonderer Moment war auch der Besuch der Ausstellung „Der Rote Gott“ in der Gedenkstätte Hohenschönhausen, zu der mein Praktikumsbetrieb eingeladen wurde.

Ich bin sehr zufrieden mit dem Praktikum und was es mir gebracht hat. 

Patrick Jahn, Auszubildender zur Fachkraft für Medien- und Informationsdienste, Fachrichtung Archiv, im Oberlin Berufsbildungswerk Potsdam.