Praktikumsbericht

Im Juni und Juli 2017 absolvierte ich während der Semesterferien ein freiwilliges Praktikum bei der Robert-Havemann-Gesellschaft (RHG) im Bereich der Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit. Eigentlich studiere ich Europäische Medienkultur an der Bauhaus-Universität in Weimar und der Université 2 in Lyon. DDR-Geschichte fand ich schon im Geschichtsunterricht spannend und die Medien- und Kommunikationstheorien meines Studiums suchte ich in einem Praktikum mit Praxis zu bereichern.

Die lockere und herzliche Art der Kollegen machten es mir von Beginn an leicht, mich in den Arbeitsalltag einzuleben. Sie erzählten mir viel über ihre Arbeit im Archiv und ihr Engagement in oppositionellen Gruppen in der DDR. Dadurch wurde für mich ein Stück Geschichte lebendig.

Die Aufgaben, die ich übernahm waren klassisch für den Bereich der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Ich recherchierte aktuelle Adressen für den Versand von Veranstaltungseinladungen und verfasste Beiträge für Online-Auftritte der RHG auf Facebook oder in Museumsportalen. Außerdem besuchte ich die Veranstaltungen der RHG. Dazu gehörten eine Buchvorstellung über die Staatssicherheit an der Charité, eine Buchvorstellung über Ostreportagen des Westjournalisten Karl-Heinz Baum und ein Gedenktag für den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 mit Diskussionen, Vorträgen und Führungen über das ehemalige Stasi-Gelände. Mehr Zeit verbrachte ich mit dem Überarbeiten und Aktualisieren der Pressedokumentation der Robert-Havemann-Gesellschaft. Dabei lernte ich viel über die Arbeit und Geschichte der RHG und wie sie von der Medienöffentlichkeit wahrgenommen wird. Meine dauerhafte Aufgabe war es, Besucher der Open-Air-Ausstellung „Revolution und Mauerfall“ auf dem ehemaligen Stasi-Gelände in Berlin-Lichtenberg zu befragen. Dafür erstellte ich zunächst einen Fragenkatalog. Ich wollte herausfinden, wie die Besucher auf die Ausstellung aufmerksam geworden sind, wie sie den Weg zur Ausstellung gefunden haben, wie ihnen die Darstellung gefiel und was sie in der Ausstellung eventuell vermissten. Während der Arbeit in der RHG bot sich mir immer wieder die Möglichkeit, im Archiv der DDR-Opposition zu stöbern, in Untergrundzeitschriften, Flugblättern und Kopien von Stasi-Akten. Das Material war für mich komplettes Neuland und weckte mein Interesse, mehr über Themen wie die Friedliche Revolution oder das Stasi-Unrecht zu erfahren.

Im Juli zog die RHG von der Schliemannstraße im Prenzlauer Berg in die Ruschestraße in Lichtenberg, was auch einen erheblichen Einfluss auf meine Arbeit hatte. In dieser Zeit gewann ich einen umfangenden Einblick in die verschiedenen Arbeitsbereiche und die Struktur des Archives. So sortierte ich Flyer- und Buchbestände, montierte das eine oder andere Regal ab und stapelte jede Menge Akten in Umzugskisten. Meine Erkenntnis: Geschichte wiegt schwer!

Mit dem bestärkenden Gefühl, das Vertrauen und den Rückhalt der Kollegen zu haben, lernte ich, meine Arbeit selbstständig zu organisieren und dafür Verantwortung zu übernehmen. Außerdem ist mir klar geworden, wie wichtig ein kritischer und genauer Blick auf die Dinge ist, um mir eine eigene Meinung bilden zu können, die Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit ist (etwa beim Verfassen von Beiträgen, Auswerten von Veranstaltungen).

Ein Praktikum bei der Robert-Havemann-Gesellschaft empfehle ich sehr gern weiter. Hier bietet sich die ideale Möglichkeit in einer sehr offenen und freundschaftlichen Arbeitsatmosphäre viel über DDR-Opposition und Archivarbeit zu lernen.

Paulina Rübenstahl

23. August 2017