Praktikumsbericht Andreas Riemann

Geschichte in der Praxis

Im Herbst 2010 habe ich ein Praktikum in der Robert-Havemann-Gesellschaft e.V. (RHG) absolviert. Auf diesen Verein aufmerksam geworden bin ich durch die Beschäftigung mit dem Thema Revolution in der DDR 1989/90. Kurz vor Abschluss meines Studiums der Geschichte, BWL und Politik wollte ich noch einen Berufszweig, die Öffentlichkeitsarbeit, praktisch kennenlernen, mich aber gleichzeitig weiter historischen Themen widmen. Die RHG erschien mir ideal dies zu verbinden. In den drei Monaten meines Praktikums wurde diese Erwartung täglich erfüllt.
Ich habe mich um die Internetseite revolution89.de gekümmert. Konkret hieß das: Texte, Bilder, Filmausschnitte und Audiodateien auf der Seite einpflegen. Dabei lernte ich nicht nur die Pflege einer Internetseite mit all ihren Tücken kennen, sondern auch viel Neues über die Friedliche Revolution 1989/90. Auch bei der Arbeit in anderen Bereichen und in Gesprächen mit den Mitarbeitern, die fast alle Zeitzeugen sind, habe ich viel über das Leben in einer Diktatur und den Widerstand gegen diese erfahren.
Neben der Arbeit an der Webseite habe ich wichtige Instrumente und Bereiche der Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit kennengelernt. So erfuhr ich wie umfangreiche Broschüren, Flyer, eine Pressemappe, ein Pressespiegel und eine Plakatausstellung entstehen und Veranstaltungen organisiert werden. Dabei durfte ich nicht nur kleinere Hilfsarbeiten übernehmen und bei den jeweiligen Beratungen dabeisitzen, sondern wurde auch stets um meine Meinung gefragt und aufgefordert mich kritisch einzubringen. Diese Wertschätzung fand ich beachtlich. Sie zeigte mir, dass Praktikanten in der RHG ernst genommen werden und einen wichtigen Beitrag zum Gelingen der vielfältigen Projekte leisten können und sollen.
Eine Herausforderung war die Arbeitsatmosphäre. Es ging manchmal recht turbulent und hektisch zu. Angesichts der zahlreichen Projekte und nur wenigen Mitarbeitern ist das nicht allzu verwunderlich. Ausdauer und Geduld waren gefragt, wenn z.B. erst kurz vor Abschluss einer Arbeit noch Änderungswünsche berücksichtigt werden mussten. Aber es war eine wichtige Erfahrung. Und der Umgang miteinander war stets angenehm, konstruktiv und freundschaftlich.
Schließlich habe ich einen guten Einblick in die spannende Praxis historischer Aufarbeitung bekommen. Die RHG archiviert die Zeugnisse der DDR-Opposition nicht nur und macht sie der Wissenschaft zugänglich. Das gewonnene Wissen wird auch der breiten Öffentlichkeit vermittelt - auf Veranstaltungen, in Publikationen und Ausstellungen. Neben der Darstellung des Vereins nach außen, gehört auch dies zur Öffentlichkeitsarbeit. Da die RHG im Vergleich zu anderen Aufarbeitungsinstitutionen recht klein ist, habe ich all diese vielfältigen Arbeiten täglich miterleben können.
Alles in allem war mein Praktikum in der RHG sehr interessant und herausfordernd. Ich wurde ernst genommen und durfte mich fast überall einbringen. Dabei konnte ich im breiten Feld der Öffentlichkeitsarbeit mitarbeiten und mich mit spannenden Themen aus dem DDR-Widerstand beschäftigen. Wer mehr als nur Hilfsarbeiten leisten möchte und bei der geschichtlichen Aufarbeitung außerhalb der Uni mitwirken will, dem sei ein Praktikum in der der Robert-Havemann-Gesellschaft empfohlen.

Andreas Riemann
Universität Potsdam