Praktikumsbericht Paul Mattern

Im Rahmen meines Geschichtsstudiums kam ich zu dem Vergnügen, zwischen den Semestern ein sechswöchiges Praktikum im Archiv der DDR-Opposition zu absolvieren. Um eines vorwegzunehmen: Ich wäre am liebsten dort geblieben.

Mein Praktikum gestaltete sich wesentlich abwechslungsreicher, als ich es zunächst angenommen hatte. Tatsächlich hatte ich keine genauen Vorstellungen, wie die Arbeit im Archiv aussieht, kannte ich nämlich nur, was ich durch das Studium bereits erfahren hatte. Im Vorstellungsgespräch wurde ich jedoch vorgewarnt, dass es mitunter schwer werden könne, die Konzentration hochzuhalten. Dies war allerdings auch die einzige Hürde, die ich zu bewältigen hatte.

Zunächst begann meine Tätigkeit im Schriftarchiv, wo mir gleich wichtige Aufgaben zugeteilt wurden. Wie ich erfuhr, werden einige Archivalien von externen Firmen digitalisiert, was angesichts der schieren Masse an Archivgut auch nur allzu verständlich ist. So war es dann meine erste Aufgabe, die Digitalisate herunterzuladen und auf Qualität zu prüfen. Dies gab mir nicht nur einen ersten Einblick in die Tätigkeiten der Robert-Havemann-Gesellschaft, sondern brachte mit deren Namensgeber auch gleich näher. Hierbei war für mich erschreckend festzustellen, wie akribisch die Staatssicherheit in der DDR vorging und wie ausgeprägt deren Kontrolle war. Darüber hinaus wurde mir zuteil, selbst digitalisieren zu können, weshalb ich mit Originaldokumenten wortwörtlich in Berührung kam. „Nationales Kulturgut“ nannte ein Kollege die hauchdünnen Blätter, die ich ehrfürchtig in Händen hielt. Überdies durfte ich sogar einmal bei der Akquise dabei zu sein, als mehrere Kisten voller Archivgut aus dem Bestand eines Zeitzeugen dem Archiv übergeben wurden. So erfuhr ich auch, dass sich das Archiv der DDR-Opposition kontinuierlich und selbstständig um die Beschaffung und Übernahme von Beständen kümmern muss und daher ein guter, persönlicher Kontakt zu den entsprechenden Bestandsbildnern wichtig ist.

Die Folgezeit verbrachte ich zum Teil im Fotoarchiv, was eine freudige und ebenso interessante Abwechslung darstellte. Auch das Fotoarchiv umfasst ca. 620.000 Dokumente und Fotografien. Ohnehin befinden sich einige spannende und geschichtsträchtige Objekte im Besitz der Havemann-Gesellschaft.

Meine Aufgaben im Fotoarchiv bestanden im Wesentlichen aus der inhaltlichen Aufnahme eines mehr als 5.000 Fotos umfassenden Fotonachlasses. Anschließend wurde ich in die Arbeit mit der Datenbank AUGIAS eingewiesen und habe Positive für die spätere Erfassung in der Datenbank digitalisiert.

Hierbei gefielen mir einige Dinge besonders gut, vor allem zwei im Speziellen:

Einerseits die weißen Handschuhe, mit denen die Fotonegative berührt werden dürfen und andererseits der detektivische Anteil bei dieser Tätigkeit. Viele Fotografierende waren sehr fleißig bei der Beschriftung ihrer Bilder und, so wurde mit erklärt, ohne einen begleitenden Text, der das auf dem Foto zu Sehende erklärt, ist jedes Foto praktisch nutzlos. Dennoch müssen alle Angaben überprüft werden, was mitunter doch recht spannend ist.

Vor allem aber möchte ich einen Aspekt meines Praktikums besonders lobend betonen, welcher meinen Aufenthalt zu einer äußerst positiven Erfahrung gemacht hat. Trotz all des Wissens, das mir hier vermittelt wurde und all der historischen Bedeutsamkeit hat mir der Umgang mit den Mitarbeitenden des Archives am meisten gefallen. Ich fühlte mich gleich vom ersten Tage an respektiert, gut eingearbeitet und aufgehoben. Die Kollegen waren stets freundlich, für jede Frage offen und sehr darum bemüht, mir einen wertvollen Aufenthalt im Praktikum zu ermöglichen. Daher kann ich jedem Menschen nur empfehlen, ein Praktikum im Archiv der DDR-Opposition zu absolvieren.