Praktikumsbericht Robert Meile

Studiengang: Verwaltungswissenschaft (Diplom)

Einleitung

    Im Zeitraum vom 28. Februar bis 8. April 2005 absolvierte ich ein Vollzeitpraktikum bei der Robert-Havemann-Gesellschaft e.V. in Berlin, sowie vom 11. April bis 21 Juni 2005 ein semesterbegleitendes Praktikum.

    Die Robert-Havemann-Gesellschaft e.V. (RHG) beherbergt das größte Archiv der DDR-Opposition in Berlin. Sie will die Geschichte und Erfahrungen von Opposition und Widerstand in der DDR dokumentieren und vermitteln. Zu diesen Themen werden Veranstaltungen, Seminare Publikationen und Ausstellungen erarbeitet. Grundlage dieser Arbeiten sind die eigenen Archivbestände. Die Dokumente von Opposition und Widerstand bilden die Gegenüberlieferung zu den Staats- und Parteiakten des überwundenen Regimes. Unter dem Dach der RHG sind drei Archive vereint, das Robert-Havemann-Archiv mit dem Nachlass seines Namensgebers, das Matthias-Domaschk-Archiv, welches aus der Berliner Umwelt-Bibliothek hervorging und das Archiv Grauzone mit seinen Sammlungen zur nichtstaatlichen ostdeutschen Frauenbewegung. Die drei Bestände der Archive ergänzen sich und geben ein umfassendes Bild von der Entwicklung der Opposition bis zum Entstehen und Wirken der Bürgerbewegung im Herbst 1989.

    Die Arbeit der RHG wird gefördert durch den Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR Berlin und die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.

    Aufmerksam geworden auf die Möglichkeit zu einem Praktikum bei der RHG bin ich durch die Internetseiten des Praktikumskoordinators an der Universität Potsdam. Daraufhin habe ich eine Initiativbewerbung geschrieben.

     

Tätigkeitsbereiche 

Zu meinen Aufgaben während des Praktikums zählten das:

 

    • Verfassen von Presseinformationen,
    • Adress- und Telefonrecherchen,
    • inaltliche und graphische Ausgestaltung der Homepage,
    • Erstellung eines Aktenplanes,
    • Inventarisierung und die
    • Übernahme von Routinearbeiten.

Projektbeschreibung

Einer der wichtigsten oppositionellen Tätigkeiten in der DDR war die Verbreitung und Erstellung von mehrseitigen Informationszeitschriften die illegal, an der staatlichen Zensur vorbei, im Selbstverlag erschienen sind. Herausgegeben wurden sie verstärkt in den 70er Jahren und in den 80er Jahren von den oft unter dem Dach der Kirche agierenden Friedens-, Menschenrechts- und Umweltgruppen. Diese Dokumente sind somit ein wichtiges Zeugnis autonomen politischen Handelns und Denkens in der zweiten deutschen Diktatur.

Auf Grund der schlechten Papierqualität zerfallen die Dokumente zunehmend. Bei manchen Exemplaren verblasst die Schrift. Leider ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein Verfahren bekannt den Verfall zu stoppen. Ferner liegen die Dokumente verstreut in mehreren Archiven.

Im vergangenen Jahr wurde deshalb ein umfangreiches Projekt gestartet, in welchem der Gesamtbestand des politischen Zeitschriftensamisdat der DDR verfilmt, digitalisiert, abgeschrieben und im Internet der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden soll.

Ziel ist die archivarische Langzeitsicherung dieses wichtigen Kulturgutes sowie die Zugänglichkeit zu den Dokumenten zu erleichtern und somit auch die Quellengrundlage für weitere Forschungen zu vergrößern.

Finanziert wird dieses Projekt von der Stiftung Aufarbeitung und der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Beteiligt sind folgende Kooperationspartner:

Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V.; Martin-Luther-King-Zentrum für Gewaltfreiheit und Zivilcourage e.V. - Archiv der Bürgerbewegung Südwestsachsens Werdau; Mitteleuropazentrum für Staats-, Wirtschafts- und Kulturwissenschaften der Technischen Universität Dresden; Robert-Havemann-Gesellschaft e.V. Berlin (mit Matthias-Domaschk-Archiv, Robert-Havemann-Archiv und Archiv GrauZone); Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur; Thüringer Archiv für Zeitgeschichte "Matthias Domaschk" Jena, Umweltbibliothek Großhennersdorf, Zeitgeschichte(n) e.V. Halle.

Das Projekt wird Ende 2005 abgeschlossen. Damit werden die Zeitschriften weltweit verfügbar sein, welche die DDR-Opposition vor allem in den 70er und 80er Jahren im Untergrund hergestellt und verbreitet hat.

Durch die eigenständige Arbeit an diesem Projekt konnte ich meine im Studium erlernten Recherchefähigkeiten weiter ausbauen. Des Weitern konnte ich auch meine EDV-Kenntnisse durch die inhaltliche und graphische Betreuung der Homepage verbessern.

Das Arbeitsklima bei der Robert-Havemann-Gessellschaft wird von mir als äußerst positiv wahrgenommen. Tom Sello war stets für Fragen meinerseits offen und unterstützte mich bei meiner Arbeit. Auch die übrigen Mitarbeiter waren stets freundlich und hilfsbereit.
 

Durch die Arbeit an dem Samisdat-Projekt konnte ich viele Kontakte zu anderen Archiven und Forschungseinrichtungen knüpfen, aber auch zu der BStU sowie zur Kultur-Staatsministerin Christina Weiß. Ich denke somit, dass mir das Praktikum bei der Robert-Havemann-Gesellschaft für mein weiteres Studium viel gebracht hat.
 

Konnten dabei Kenntnisse des bisherigen Studiums angewendet werden?

Die erlernten Fähigkeiten des Grundstudiums fanden nur indirekt Anwendung innerhalb des Praktikums. Hilfreich waren dennoch die durch Hausarbeiten erlernten Recherche- und Formulierungsfähigkeiten, welche aber nicht direkt im Zusammenhang mit einem Studium der Verwaltungswissenschaften stehen. Gefordert war zur Erfüllung der Praktikumsaufgaben ein Grundwissen zur und ein besonderes Interesse an der DDR Geschichte. Da dieses Thema an der Universität Potsdam bis jetzt leider nur sehr wenig Beachtung findet, sollten Vorlesungen und Seminare an der Freien Universität zu Berlin besucht werden. Da das Thema DDR-Geschichte und Aufarbeitung dort mehr berücksichtigt wird.

Waren die Tätigkeit und Erfahrungen für das weitere Studium und/oder für Berufsüberlegungen nützlich?

Da ich zukünftig im Bereich der politischen Bildung und Projektarbeit tätig sein will, waren die Erfahrungen bei der RHG sehr nützlich. Ich hatte die Möglichkeit selbständig und eigenverantwortlich zu arbeiten, bekam Einblick in andere Projekte und in die Arbeitsweise der RHG. Da mir das Projekt und die Zusammenarbeit mit den Mitarbeiten viel Spaß gemacht hat, wurde mein Berufswunsch weiter bekräftigt. Da die RHG eng mit der Bundeszentrale für Politische Bildung zusammenarbeitet, werde ich versuchen dort ein weiteres Praktikum zu absolvieren. Da ich schon kurzen Kontakt zu einigen Mitarbeitern hatte, denke ich, dass ich gute Chancen habe dort für einen gewissen Zeitraum zu arbeiten.

Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus dem Praktikum für die inhaltliche und organisatorische Gestaltung der Lehre an der Universität?

Wie oben schon angedeutet, kommt in der Lehre der Universität Potsdam im Bereich Verwaltungs- und Politikwissenschaft der geschichtliche Hintergrund der Entwicklung Deutschlands nach 1945 und besonders der Geschichte der DDR zu kurz. Diese Kenntnisse werden von den Dozenten weitestgehend vorausgesetzt. Leider verfügen die Studenten nicht über ein allgemeines geschichtliches Hintergrundwissen, was oft Diskussionen in Seminaren erschwert. Sinnvoll wäre hier ein Ergänzungsbereich Politik und Geschichte in der Lehre der Universität Potsdam.

Betreuung, Zusammenarbeit und Atmosphäre während des Praktikums

Die Betreuung während des Praktikums war gut. Ich hatte einen festen Ansprechpartner der mich in die Materie einarbeitete und mir auch Literatur zum besseren Verständnis zur Verfügung gestellt hat. Bei Problemen hatte er immer ein offenes Ohr für mich. Auch die anderen Mitarbeiter waren ausgesprochen hilfsbereit und aufgeschlossen gegenüber meinen Fragen. Ich fühlte mich während des gesamten Praktikums vollständig in das Team und die Arbeit der RHG integriert. Die Atmosphäre war sehr freundschaftlich. Dadurch fühlte ich mich während des gesamten Praktikums immer ausgesprochen wohl. Selbst nach Abschluss meiner Arbeit bin ich immer noch willkommen und weiß, dass ich von den Mitarbeitern für mein weiteres Studium Unterstützung finden werde.

Bewertung des Praktikums; ist der Praktikumsplatz weiterzuempfehlen?

Aus meiner Sicht ist ein Praktikum bei der RHG sehr zu empfehlen. Man bekommt die Möglichkeit selbständig an einem Projekt zu arbeiten und auch seine eigenen Vorstellungen einfließen zu lassen. Da die RHG darüber hinaus Kontakt zu andern Stiftungen, Gesellschaften und Bundestagsabgeordneten hat, lassen sich leicht Kontakte knüpfen, was natürlich wichtig für die berufliche Zukunft ist. Daher kann von mir das Praktikum als ausgesprochen gut beurteilt werde. Wer sich für die jüngste Geschichte Deutschlands interessiert, findet hier nicht nur überwältigendes Datenmaterial sondern auch Zeitzeugen die gerne bereit sind Auskunft zu geben. Dies macht dieses Praktikum einzigartig und ist daher sehr empfehlenswert.