Ausstellung: "Zersetzung" – Repressionsmethode des Staatssicherheitsdienstes

Plötzlich gerät das Leben aus den Fugen: Es tauchen Gerüchte auf, man solle für die Stasi spitzeln, anonym zugesandte Fotos suggerieren, dass der Ehepartner untreu sei, die Kinder verhalten sich merkwürdig und abweisend, die Arbeitsstelle geht verloren, die Fahrerlaubnis wird eingezogen, in der Wohnung sind die Handtücher unerklärlicherweise Tag für Tag anders geordnet. Dass das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) hinter all dem steckt, das ahnen die wenigsten Betroffenen unmittelbar.

Die als „Zersetzung“ bezeichnete Methode der Staatssicherheit zur ‚geräuschlosen’ Ausschaltung derjenigen, die sich gegen das SED-Regime engagierten, beschreibt Sandra Pingel-Schliemann erstmals umfassend in ihrer Promotion mit dem Titel „Zersetzen – Strategie einer Diktatur“. Das Buch erschien 2004 in der Schriftenreihe der Robert-Havemann-Gesellschaft und ist nach drei Auflagen restlos vergriffen. Gut also, dass die Autorin nun zusammen mit der Denkstätte Teehaus Trebbow eine Ausstellung mit dem gleichen Thema erarbeitet hat.  

Ähnlich wie das Buch zeigt die Ausstellung auf, was sich hinter dieser Repressionsstrategie verbarg, welche Ziele und Folgen sie hatte und wie Menschen konkret betroffen waren. Nicht wenige Opfer leiden noch heute unter den Zersetzungsmaßnahmen der Staatssicherheit, leben isoliert und leiden unter Angstzuständen. Hoffnung auf eine rechtliche Rehabilitation gibt es für sie wenig, da direkte Anweisungen zu Anwendung von Zersetzungsmethoden nur selten in den Akten zu finden sind und das regelmäßige Zerstechen der Reifen, oder eine konstante nächtliche Lärmbelästigung juristisch nur schwer zu belangen sind. Umso wichtiger also dieses besonders perfide Repressionswerkzeug der Staatssicherheit und dessen Opfer durch eine Ausstellung in den Fokus öffentlicher Debatten zu heben.

Anhand von Zeitzeugenaussagen, Dokumenten und Recherchen der Politikwissenschaftlerin Dr. Sandra Pingel-Schliemann wird auf zehn Schautafeln der skrupellose Umgang des Staatsapparates mit den persönlichen Lebensschicksalen der ins Visier geratenen tatsächlichen und vermeintlichen Oppositionellen offenbar. Die Ausstellung wird vom 22. März  bis 6. April jeweils Montag bis Freitag von 8.00 bis 17.00 Uhr in der Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern, In den Ministergärten 3 in Berlin zu sehen sein. An Feiertagen bleibt die Ausstellung geschlossen. Der Eintritt ist frei. Danach geht die Ausstellung auf Wanderschaft und macht zuerst im Teehaus in Trebbow Station.

Das Buch "Zersetzen - Strategie einer Diktatur" in unserem Online-Shop.

Flyer zur Ausstellungseröffnung

Ausstellungsplakat

©Robert-Havemann-Gesellschaft
©Robert-Havemann-Gesellschaft
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