Nachlässe/Persönliche Archivbestände

Neben den Schriftgutbeständen mit den Überlieferungen von Gruppen, Initiativen und Vereinigungen der Oppositions- und Bürgerbewegung der DDR sind die persönlichen Archivbestände und Nachlässe von besonderer Bedeutung und Aussagekraft. Von den hier aufgeführten Beständen sind nur einige wenige noch nicht erschlossen. Zu finden sind hier Nachlässe und persönliche Archivbestände von bekannten Persönlichkeiten, wie Robert Havemann, Wolfgang Ullmann, Gerd und Ulrike Poppe, Roland Jahn, Heiko Lietz, Wolfgang Templin, Bärbel Bohley und Marianne Birthler, sowie Bestände von unbekannteren Personen, die oftmals nur einen bis einige wenige Bände bzw. Dokumente enthalten. In ihrer Gesamtheit zeigen diese Bestände ein breites Bild von oppositionellem und widerständigem Handeln in der DDR.

Vorderseite der vorangestellten Karte von Roland Bude v. 14. Oktober 1955 nach der Entlassung aus dem Straflager in Workuta an seinen Sohn und seine Eltern, geschrieben vom Grenzbahnhof Brest.
(Persönlicher Archivbestand Roland Bude)
14. Oktober 1955. Karte von Roland Bude nach der Entlassung aus dem Straflager in Workuta an seinen Sohn und seine Eltern, geschrieben vom Grenzbahnhof Brest.
(Persönlicher Archivbestand Roland Bude)
Am 20. und 21. September 1968 verteilt Bernd Eisenfeld in Halle etwa 100 selbstgefertigte Flugblätter, mit denen er gegen den Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes in die CSSR protestiert. Während dieser Aktion wird er verhaftet. Im Februar 1969 wird er zu zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt.
(Persönlicher Archivbestand Bernd Eisenfeld)
2. Juni 1972. Kassiber von Lutz-Peter Naumann aus der Untersuchungshaftanstalt des MfS Potsdam an seine Freundin mit Informationen zur bevorstehenden Gerichtsverhandlung. Wegen "staatsfeindlicher Hetze" wird er am 14. Juni 1972 zu vier Jahren Haft verurteilt. Am 6. Oktober 1972 wird er amnestiert und in die Bundesrepublik Deutschland entlassen.
(Nachlaß Lutz Peter Naumann)
Voderseite der vorangestellten Postkarte von Roland Jahn v. 30. April 1983, abgeschickt in Ost-Berlin, an den nach West-Berlin ausgebürgerten Ex-Jenenser Peter Rösch.
30. April 1983, Postkarte, abgeschickt in Ost-Berlin, an den nach West-Berlin ausgebürgerten Ex-Jenenser Peter Rösch. Der kurze Text in der Handschrift von Roland Jahn, der wenig später, im Juni 1983, gewaltsam in den Westen abgeschoben wurde, besteht nur aus zwei Zeilen: "... und im Mai da blüht der Flieder" - Matthias Domaschk liebte weißen Flieder. Es grenzt schon fast an Wunder, daß diese Karte überhaupt die Zensur passierte und von der DDR-Post befördert wurde. Sie war ein Protest gegen das staatliche Verschweigen der Vorgänge in der Geraer Untersuchungshaftanstalt, die Matthias Domaschk ums Leben brachten. Die Textzeilen auf der Karte stammen aus dem Refrain des Liedes "Matz" von Peter Kähler.
(Postkarte: Roland Jahn, Persönlicher Archivbestand Peter Rösch)
Undatiert. Brief der drei "grenzfall"-Redakteure Peter Grimm, Peter Rölle und Reiner Dietrich (IM "Cindy") an Roland Jahn (West-Berlin), in dem sie sich u.a. für die Belieferung mit Farbe und Matrizen bedanken. Nach seiner gewaltsamen Abschiebung im Juni 1983 ist Roland Jahn Unterstützer, Kontaktperson und Stimme der DDR-Opposition in der Bundesrepublik.
(Persönlicher Archivbestand Roland Jahn)
Dokument der Kontakttelefon-Gruppe, die sich nach den Verhaftungen während der Luxemburg/Liebknecht-Demonstration am 17. Januar 1988 in Berlin bildete. Neben Notizen über Telefongespräche wird auch festgehalten, wo Protestaktionen in der DDR organisiert werden. Diese Notizen bringen heute überraschende Erkenntnisse, da die fehlende Öffentlichkeit in der DDR ein Bekanntwerden über das wahre Ausmaß der Solidarität verhindert hatte.
(Persönlicher Archivbestand Marianne Birthler)
September 1989. Gründungsaufruf des Neuen Forums - "Aufbruch 89" mit handschriftlichen Korrekturen von Katrin Eigenfeld.
(Persönlicher Archivbestand Katrin Eigenfeld)

Templin, Wolfgang

Lebensdaten

Geb. 1948 in Jena; 1965/66 Lehre als Buchdrucker (abgebrochen); 1966-1968 Ausbildung zum Bibliotheksfacharbeiter; 1968-1970 Studium an der Fachschule für Bibliothekswesen in Berlin; ab 1970 Philosophiestudium an der Humboldt-Universität Berlin; Eintritt in die SED; 1971-1975 Inoffizielle Tätigkeit für das MfS, beendet durch vorsätzliche Dekonspiration; 1974-1977 Forschungsstudent; Beteiligung an einem illegalen trotzkistischen Studentenzirkel; 1976/77 Studienaufenthalt an der Universität Warschau, seitdem Kontakte zur polnischen Opposition; 1977-1983 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut für Philosophie; 1983 Entlassung; Austritt aus der SED; Berufsverbot; anschließend Beschäftigung als Putzhilfe, Waldarbeiter, Heizer, Übersetzer; Ende der 1970er Jahre bis 1988 Mitarbeit in verschiedenen unabhängigen Friedens- und Menschenrechtsgruppen, u.a. im Friedenskreis der ESG Berlin; 1985 Mitbegründer und Sprecher der Initiative Frieden und Menschenrechte, Mitherausgeber des „grenzfall“; 1987 Mitarbeit in der Gruppe „Staatsbürgerschaftsrechte in der DDR“; Januar 1988 Teilnahme an der Protestaktion während der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration in Berlin, Verhaftung, Abschiebung in den Westen; Studienaufenthalt in Bochum; November 1989 Rückkehr nach Berlin; Teilnehmer am Zentralen Runden Tisch; 1990 Mitarbeiter der Volkskammerfraktion Bündnis 90/Grüne; Mitglied des Kuratoriums für einen demokratisch verfassten Bund deutscher Länder; 1991-1992 Mitglied des Gründungssprecherrates der Partei Bündnis 90; 1992/93 Kritiker des Assoziationsvertrages zwischen Bündnis 90 und den Grünen; 1993 Mitarbeit in der Programmvorbereitungsgruppe des Berliner Landesverbandes Bündnis 90 für die Vereinigung mit den Grünen/AL; freier Publizist und Referent; zahlreiche Veröffentlichungen.
 
Bestand

Laufzeit: 1978-2001
Umfang: 1,4 lfm bzw. 45 Bde.
Findmittel: Initiates file downloadFindbuch
Signatur: WT
Benutzungsbeschränkungen: keine
Inhalt: Manuskripte/Notizen (1983-1995); Korrespondenz (1988-1993); Lebensdokumente (1985-1990); Arbeitsunterlagen/Thematische Sammlungen aus der politischen Tätigkeit bis 1989, darunter: Menschenrechtsseminar 1986, Initiative Frieden und Menschenrechte, Ost-West-Kontakte, SPD-SED-Papier, Osteuropa (u. a. Polen, CSSR), Ev. Kirche; Arbeitsunterlagen/thematische Sammlungen aus der politischen Tätigkeit ab Herbst 1989, darunter: Bündnis 90; Die Grünen (1985-1993); verschiedene Initiativen, Vereine, Stiftungen, u. a. Kuratorium für einen demokratisch verfassten Bund deutscher Länder, Haus der Demokratie Berlin, Heinrich-Böll-Stiftung; weitere Arbeitsunterlagen: DDR-Aufarbeitung, Menschenrechte in China; Tagungs- und Veranstaltungsunterlagen; Studien/wissenschaftliche Arbeiten; Samisdat aus der DDR.

Zu den online recherchierbaren Verzeichnungseinheiten des Bestands

Tretschok, Jörg

Lebensdaten

Geb. 1965 in Borna; 1981-1983 Lehre als Landwirt; Landwirt in einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft; 1986-1988 Sozialdiakonische Kinder- und Jugendarbeit bei der Landeskirche Sachsen; 1988 Totalverweigerung des Wehrdienstes; 1988-1990 Diakonausbildung in Berlin-Weissensee; 1989 Teilnahme an den Protesten gegen das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking und an den Demonstrationen gegen den Wahlbetrug; 1990-1992 Studium Sozialpädagogik/Sozialarbeit an der Ev. Fachhochschule Berlin; 1992-1996 Hauspfleger bei der Caritas in Berlin; 1997-1999 Ausbildung zum Zimmermann, seit dem als Zimmermann tätig.
 
Bestand

Laufzeit: 1987-1990
Umfang: 4 Bde.
Findmittel: Findbuch
Signatur: JT
Benutzungsbeschränkungen: keine
Inhalt: Dokumente von der Offenen Arbeit im Bezirk Leipzig-Borna, aus der DDR-Friedens- und Oppositionsbewegung, dem Herbst 1989 u.a.

Tschiche, Hans-Jochen

Lebensdaten
Geb. 1929 in Krossa; 1948 Abitur; 1948/49 Theologiestudium in Berlin-West; ab 1949 Neulehrerkurs; 1950 Ausschluss nach Weigerung, einer politischen Organisation beizutreten; 1950-1955 Fortsetzung des Theologiestudiums in Berlin (im West- und Ostteil); 1956-1957 Hilfsprediger bzw. Pfarrer in Messdorf; Landpfarrer in der Altmark; 1958 Ordination; 1968 öffentliche Stellungnahme gegen die Intervention der Warschauer-Vertrags-Staaten in der CSSR; ab 1975 Studienleiter und seit 1978 Leiter der Ev. Akademie Magdeburg; seit 1980 Engagement in der kirchlichen und unabhängigen Friedensbewegung, maßgeblich beteiligt an der Herausbildung überregionaler Netzwerke oppositioneller Gruppen; 1986-1988 Mitglied des Fortsetzungsausschusses des Netzwerkes „Frieden konkret“; September 1989 Mitbegründer des Neuen Forums (NFo); Dezember 1989-März 1990 Teilnehmer am Runden Tisch des Bezirkes Magdeburg; März-Oktober 1990 Abgeordneter der Volkskammer, Fraktion Bündnis 90/ Grüne; 1992 Mitglied des Bundes- und des Landessprecherrates der Partei Bündnis 90; Mitglied der Verhandlungsgruppe des Bündnis 90 zum Abschluss des Assoziationsvertrags mit den Grünen; 1990-1998 Mitglied des Landtages Sachsen-Anhalt, Vorsitzender der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Vorsitzender des Petitions- und Mitglied des Finanzausschusses; zahlreiche Veröffentlichungen. Gestorben am 25.6.2015.

Bestand

Laufzeit: 1968-1999
Umfang: 0,4 lfm bzw. 14 Bde.
Findmittel: Findbuch
Signatur: HJT
Benutzungsbeschränkungen: keine

Inhalt: Geschäftliche Korrespondenz  in der Funktion als Leiter der Ev. Akademie Sachsen-Anhalts, private Korrespondenz, Korrespondenz Dritter; Arbeitsunterlagen/thematische Sammlungen, darunter: Frieden konkret, Friedens- und Umweltgruppen, Ev. Kirche, Ost-West-Kontakte (u.a. Die Grünen), Unterschriftenlisten „Aufbruch 89“ - Neues Forum Magdeburg; Samisdat aus der DDR.




Kontakt

Robert-Havemann-Gesellschaft e.V.
Archiv der DDR-Opposition
Ruschestraße 103
10365 Berlin

Rebecca Hernandez-Garcia
r.garcia(at)havemann-gesellschaft.de

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Mittwoch 9 bis 20 Uhr

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